Mastzellaktivierungssyndrom: Komplexes Krankheitsbild


Abstract:

Das Mastzellaktivierungssyndrom MCAS ist eine entzündliche Multisystemerkrankung und zeigt sich ursächlich durch eine ausgeprägte histaminerge Belastung mit differenzierter Symptomatik, die auf eine Kombinationstherapie mit Antihistaminika und Mastzellstabilisatoren anspricht.



Was ist MCAS und wie kann es behandelt werden?


Erkrankungsbild

Das Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) ist eine komplexe, entzündliche Multisystemerkrankung mit unterschiedlicher Ausprägung und Symptomatik. Pathologisch können mutierte klonale Mastzellen vorliegen, eine IgE-vermittelte, allergische Mastzellaktivierung ursächlich sein oder eine idiopathische MCAS bestehen, bei der weder das eine noch das andere zu finden ist [Valent, 2013].

Die vielfältigen und patientenindividuellen Symptome können sich bspw. im Gastrointestinalentrakt, im Bewegungsapparat und/oder in den Atemwegen manifestieren und zudem als systemische bzw. neurologische Beschwerden auftreten (Abb. 1). Gerade dieses heterogene Erscheinungsbild macht die Erkrankung so herausfordernd in ihrer Diagnosestellung und Therapie [Valent, 2020; Institut für Humangenetik Bonn].





                    Abb. 1: Auswahl an möglichen Symptomen bei MCAS

 
 

Diagnose

Labordiagnostische Kriterien sind noch nicht einheitlich definiert, aber klinisch-symptomatische Mindestanforderungen zur Diagnosestellung sind vielfach beschrieben [Akin, 2010; Valent, 2020; Valent, 2019a].  
•    ein Anstieg des Serumtryptasespiegels mit 20% über den Ausgangswert
•    typische klinische Symptome, die die Kriterien für eine Anaphylaxie erfüllen
•    Ansprechen und Linderung der Symptome auf Arzneimittel, die die Mastzell-Aktivierung verringern oder die Mediatoren blockieren


Therapie

Der erste Therapieansatz ist die Vermeidung von potenziell auslösenden Faktoren. Dies können sein: Lebensmittel, (vor allem histaminhaltige) Arzneistoffe, Zusatzstoffe, Farbstoffe, Umweltgifte, typische Allergene wie Tierhaare und Gräser. Aber auch physikalische Reize wie starke Schwankungen von Hitze und Kälte oder Reibung sollten als potenzielle Trigger vermieden werden [Castells, 2019].

Der zweite Therapieansatz ist eine Kombinationstherapie aus einem H1-Antihistaminikum der ersten und/oder zweiten Generation und einem H2-Antihistaminikum und zusätzlich einem Mastzellstabilisator (Abb. 2) [Molderings, 2011; Hamilton, 2011; Valent, 2020; Castells, 2019].

Aufgeführt ist eine Auswahl von in der Literatur am häufigsten beschriebenen und auf dem deutschen Markt verfügbaren Wirkstoffen.






Abb. 2: Kombinationstherapie bei MCAS



Hamilton und Kollegen untersuchten das Ansprechen und die Wirksamkeit von Antihistaminika bei Patienten mit einem diagnostizierten MCAS. Es kam bei 33% der Patienten zu einer vollständigen Remission der Symptomatik und bei weiteren 33% zu einer erheblichen Linderung der Beschwerden.

Die eindrucksvollste Verbesserung beschrieben die Autoren bei der Symptomatik „Bauchschmerzen“.82% der Patienten erfuhren hier eine ausgeprägte Linderung unter einer kombinierten Antihistaminika-Therapie [Hamilton, 2011].

In der Literatur sind sich alle Autoren einig, dass grundsätzlich immer eine patientenindividuelle und symptomorientierte Kombinationstherapie nach Bedürfnissen und Leidensdruck erfolgen sollte. [ah]




Weitere Informationen:


Antiallergische Rezepturen aus der Klösterl-Apotheke
Interview zu MCAS
MCAS Therapeuteninfo-Flyer
 
 


Literatur:

  • Valent et al. “Diagnosis, Classification and Management of Mast Cell Activation Syndromes (MCAS) in the era of personalized medicine.” International journal of molecular sciences 21.23 (2020): 9030.
  • Valent et al. “Doctor, I think I am suffering from MCAS: differential diagnosis and separating facts from fiction.” The Journal of Allergy and Clinical Immunology: In Practice 7.4 (2019): 1109-1114.
  • Castells et al. “Mast cell activation syndrome and mastocytosis: initial treatment options and long-term management.” The Journal of Allergy and Clinical Immunology: In Practice 7.4 (2019): 1097-1106.
  • Valent, P. et al. “Mast cell activation syndromes: definition and classification.” Allergy 68.4 (2013): 417-424
  • Akin, C. et al. Metcalfe, D.D. “Mast cell activation syndrome: Proposed diagnostic criteria.” J. Allergy Clin. Immunol. 2010, 126, 1099–1104.
  • Valent, P. et al. “Proposed diagnostic algorithm for patients with suspected mast cell activation syndrome.” J. Allergy Clin. Immunol. Pract. 2019, 7, 1125–1133.e1(2019a)
  • Hamilton, M J. et al. “Mast cell activation syndrome: a newly recognized disorder with systemic clinical manifestations.” Journal of Allergy and Clinical Immunology 128.1 (2011): 147-152.
  • Molderings, GJ. et al. “Mast cell activation disease: a concise practical guide for diagnostic workup and therapeutic options.” Journal of hematology & oncology 4.1 (2011): 1-8.
  • Institut für Humangenetik Biomedizinisches Zentrum, Venusberg-Campus 1 Gebäude 13, 53127 Bonn Deutschland; Zugang: 24.11.21 https://www.humangenetics.uni-bonn.de/de/forschung/forschungsprojekte/mastzellerkrankungen/checklistepatientenversion 







Informationen, Unterstützung und Erfahrungsaustausch finden Betroffene bei Selbsthilfevereinen, z.B. bei MCAS-hope e.V. und bei HIT-MCAS Selbsthilfe.