Impfbefürworter berufen sich auf das Pandemiepotenzial

Trotz der vielen ungeklärten Fragen wird die H1N1-Imfpung verschiedentlich befürwortet. So steht für das Department of Microbiology, Immunology and Parasitology das Pandemiepotenzial des H1N1/09-Virus außer Frage. Denn gegenüber dem H1N1-Virus, das 2008 isoliert wurde, ließen sich beim H1N1/09-Virus signifikante Veränderungen der Proteine bzw. Virenenzyme (Hemagglutinin und Neuramidasen) sowie ein Antigen-Shift beobachten, die eine noch stärkere Verbreitung beim Menschen wahrscheinlich machten. Deshalb sei ein maßgeschneiderter Impfstoff wichtig.

Alexander Kekulé, Virologe und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Halle-Wittenberg, erachtet die Massenimpfung als notwendig, um die Virusverbreitung einzudämmen und einer jahrzehntelangen Virusaktivität vorzubeugen. Zwar räumt er mögliche Nebenwirkungen ein, aufgrund der langjährigen Erfahrungen mit der Grippeimpfung könne man jedoch die meisten gut beurteilen. Außerdem äußert er sich zuversichtlich, dass sich nach etwa zwei Impfwochen bereits zeigen wird, mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist.

Impfkritiker warnen vor möglichen Risiken
Die Impfkritiker sind sich sicher, dass die neue H1N1-Impfung einer Risiko-Nutzen-Analyse nicht standhält, und stützen sich auf empirische Daten. So waren in den 70er Jahren in den USA bei Massenimpfungen gegen eine asiatische Schweinegrippe bei den Geimpften vermehrt überschießende Immunreaktionen sowie das Guillain-Barré-Syndrom diagnostiziert worden. Da nach Sachlage und Auffassung der Behörden die Nebenwirkungen in keinem Verhältnis zum Nutzen standen, wurde der Impfstoff schließlich zurückgezogen. Vor diesem Hintergrund warnt Prof. Dr. med. P. S. Schönhöfer, Pharmakologe und Mitherausgeber des Arznei-Telegramms, vor dem neuen H1N1-Impfstoff, der „nach dem selben Strickmuster“ gebaut sei wie der einstige US-Impfstoff.

Im Zusammenhang mit der neuen Influenza-Impfung verweisen die Impfkritiker auch auf das Missverhältnis von Risiko und Nutzen antiviraler Medikamente. So hatte das Grippemittel Tamiflu® in vergangener Zeit wegen zweifelhaftem Nutzen und möglichen Nebenwirkungen für Aufruhr gesorgt. Nach Risikohinweisen auf Verwirrtheit, Halluzinationen und Delirium, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, hatte die europäische Zulassungsbehörde eine Warnung ausgesprochen. Unabhängig davon wurden in verschiedenen, auch außereuropäischen Ländern psychische Störungen, Leber- und Nierenschäden, embryonale Missbildungen, Tumore sowie Todesfälle (auch Suizide) mit der Applikation des Medikaments in Verbindung gebracht. Auch über Resistenzen wurde berichtet.

H1N1-Impfkampagne – eine Rechnung mit vielen Variablen
Aufgrund der unzureichenden Datenlage und mangels Evidenz halten viele Experten den neuen Impfstoff für bedenklich. Da dieser unzureichend getestet ist, lässt sich die Bandbreite möglicher Nebenwirkungen noch nicht erfassen. Nach Aussage des Vereins „Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V.“ könnte die Grippeimpfung neben neurologischen Komplikationen auch allergische Reaktionen auslösen, den Verlauf von Asthma verschlechtern, die allgemeine Krankheitsanfälligkeit steigern und die Entstehung von Autoimmunerkrankungen begünstigen.

Vor diesem Hintergrund ist die angestrebte Impfquote mehr als besorgniserregend. Nach der ersten Impfwelle sollen alle Risikogruppen geimpft sein, was etwa einem Drittel der Bevölkerung entspricht. Aufgrund der Neuartigkeit des H1N1-Virus bleibt jedoch offen, ob zum jetzigen Zeitpunkt die Risikogruppen tatsächlich korrekt und umfassend bestimmt werden können.

Fragliche Wirksamkeit, unzureichende Sicherheit, zweifelhaftes Pandemiepotenzial – die geplante Impfkampagne gleicht einer Rechnung mit vielen Variablen, womöglich zu vielen. Nicht umsonst formuliert die WHO einen expliziten Überwachungsbedarf: "Da bei der Produktion einiger Pandemie-Impfstoffe neue Technologien zur Anwendung kommen, die bisher nicht eingehend auf ihre Sicherheit bei bestimmten Bevölkerungsgruppen evaluiert wurden, ist die Einrichtung einer Postmarketing Surveillance von höchstmöglicher Qualität sehr wichtig."